Rainbirds

RAINBIRDSFOREVER
(Presseinfo)
In den belgischen Ardennen, wo die Häuser aus grobgemauertem Stein
gebaut sind und Fabrikanlagen aus den 30er Jahren pittoresk
verrotten, ändert sich das Wetter nahezu stündlich. Hier kann es
passieren, daß ein Tag sonnig beginnt, im Laufe des Tages jedoch
Wolken aufziehen, es schließlich hagelt und regnet."Aber fast
jeden Abend zur gleichen Zeit kämpfte sich die Sonne wieder aus dem
bewölkten Himmel heraus. Und zwar immer dann, wenn wir uns zum
Abendessen trafen", sagt Katharina Franck am Esstisch, am
letzten Abend der Aufnahmen zum neuen Album der Rainbirds,"wir
konnten unsere Uhren danach stellen." Am Tisch sitzen außer
Katharina Franck der Produzent Jon Caffery, dem auch der
Studio-Komplex `La Chapelle`gehört, in dem das neue Werk der
Rainbirds entstand, sowie die beiden anderen ständigen Mitglieder
der Gruppe, Ulrike Haage und Tim Lorenz.
Vielleicht hat die Vielseitigkeit des Wetters sogar die Aufnahmen in
Waimes, einer kleinen Ortschaft in der Nähe der schönen Stadt Spa,
aus der das gleichnamige Mineralwasser in alle Welt exportiert wird,
beeinflußt.
Denn "Forever", so der Titel des neuen Albums der
Rainbirds, geriet dem Trio facettenreich und doch abgeklärt.
Vor allem aber befreiten sich die Rainbirds mit "Forever"
endgültig von den Fesseln der Vergangenheit: Eingetreten ist die
Verfeinerung eines Pop-Entwurfs, der sich mit dem Album "Making
Memory" vor zwei Jahren erstmals definierte. das besondere am
Phänomen Rainbirds ist ja, daß diese Band etwas gewagt hatte, das
Berater und ehemalige Mitglieder der Gruppe immer wieder zu
verhindern gesucht hatten: den tatsächlichen eigenen Weg zu gehen.
Und, damit einhergehend, natürlich Fans wie Kritiker zu irritieren.
Als hätte es einfach an Zeit gebraucht, die vergehen mußte, als
hätte es Dokumentationen eines `Work in Progress`bedurft, um von
Gedanken, die gemacht wurden, zu einem finalen Ausdruck zu
finden."Forever" ist so zu einem Auge im Hurricane, dem
Leben dieser Dreierbande, geworden."Forever" ist in sich
ruhend und reißt doch auf Anhieb mit, denn die Rhythmen sind
modern, die Loops selbst geerntet und selten klang Katharina Francks
Stimme, seit jeher und nach wie vor eines der markanten
Erkennungszeichen im Mikrokosmos Rainbirds, so selbstverständlich
wie heute.Gleich in dem ersten Stück des neuen Albums, in
"Time Comes Round To Pass", singt Katharina Franck die
Zeilen "Sit back, relax, look at everything through your
magnifying glass" - gleich die ersten Worte, die auf dem neuen
Album gesungen wurden, wirken wie die Bedienungsanleitung für einen
großen Wurf. Es ist, als ob sich diese Musik von außen betrachtet,
vom fulminanten Pop des Eröffnungsstückes über Breakbeats über
kammermusikalische Etüden und wieder zurück zum Pop. Die Ironie
der Geschichte ist, daß den Rainbirds 1997, also zehn Jahre nach
der Gründung dieser einst so erfolgreichen wie später arrogant
übersehenen Gruppe, erneut jene Melodien gelingen sollten, die sie
einst berühmt machten und aus keinem Gedächtnis zu löschen sind.
Nur das diese Melodien heute eingebunden sind in ein Universum, das
gewachsen ist aus der Selbstbetrachtung. Sie sind sozusagen logische
Konsequenz einer Entwicklung. Und nicht nur die Fans werden es ihnen
danken.
Denn noch nie klangen die Songs der Rainbirds so stilisiert wie die
neuen Aufnahmen, deren Beats zerstückelt wurden.Und daß stilisiert
wurde, heißt im Falle "Forever", daß alle Erfahrungen,
die mit Theatermusik, Abstraktion und Verschlüsselung in den
vergangenen Jahren gemacht wurden, wie eine Patina auf dem Album
liegen, das Wesen der Songs jedoch zu jedem Zeitpunkt die
Prioritäten diktierte. Und das bedeutet auch, daß die Grundthemen
der Rainbirds, nämlich das Konfrontiertsein mit existentiellen
Entscheidungen, die im Leben unwiderruflich anstehen, die Sehnsucht
nach Geborgenheit in gegenseitiger Liebe, auf "Forever" zu
keinem Zeitpunkt verleugnet wurden."This is the point of no
return, no more deals and no pretense" stellt Katharina Franck
in dem Stück "No Amends" fest, und hätte sie es nicht
ausgesprochen: die Flucht nach vorne wäre "Forever"
dennoch von niemandem angezweifelt worden, auch ohne Worte.
"Wir hatten dank der High-End-Technik des Studios die
Möglichkeit, uns gänzlich auf die eigenleben der Songs zu
konzentrieren", gibt Ulrike Haage zu Protokoll:"Wir
konnten spielen, Hakenschläge machen, und wir konnten uns auf das
Abendessen freuen. Das Album atmet die Freundlichkeit, die uns hier
in Belgien entgegengebracht wurde." Daß "Forever"
dennoch kein Sommeralbum wurde, liegt wohl daran, daß nicht nur das
Wetter durchwachsen war. Es liegt vor allem daran, daß sich hier
drei Musiker freigespielt haben. Frei von eigenen Erwartungen und
derer der Außenstehenden. Und aus dieser Freiheit heraus ihre
eigenen Qualitäten wiederfinden konnten.
Was für eine Vita, was für eine Songsammlung.
VÖ Album:
6.10.97
Label: OUR CHOICE/Rough Trade
- CD 'Forever', Our Choice/Rough Trade, 1998
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