Kirchen auf Nordstrand
Die
Geschichte der Kirchen auf Nordstrand ist eng verbunden mit der
Rückgewinnung der Insel nach der Flut von 1634. Von den Kirchen der
Alt-Nordstrands blieben nach dieser Flut auf Pellworm die Alte Kirche
(St. Salvator) und die Neue Kirche und auf Nordstrand nur die St. Vinzenz
Kirche im Alten Koog bei Odenbüll erhalten.
St. Vinzenz ist die
älteste Kirche auf Nordstrand, sie wurde im 13. Jahrhundert erbaut. Von
dieser ursprünglichen Kirche ist allerdings nur noch wenig erhalten.
Die alten Backsteinmauern wurden 1889 modern verblendet. In diesem Jahr
wurde auch ein separat stehender Glockenturm abgebrochen und der heutige
Dachreiter aufgesetzt. 1966 erhielt die Kirche einen neuen Altarraum. Im
Inneren der Kirche ist ein wertvoller spätgotischer Schnitzaltar
erhalten und eine Kanzel aus dem Jahr 1605.
Der Alte Koog (damals Friedrichskoog), war der erste Koog, der einige
Jahre nach der Flut 1654 wieder gewonnen werden konnte. Durchgeführt
wurde dieses Deichwerk von vier niederländischen Partizipanten unter
dem Deichgrafen Quirinus Indervelden, die von Herzog Friedrich III von
Schleswig-Gottdorf in einem 1652 geschlossenen Octrio weitgehende Rechte
über das neugewonnene Land und die Reste Alt-Nordstrands (außer
Pellworm) erhielten. Zu diesen Rechten gehörte auch die freie
Religionsausübung, da die Partizipanten katholisch waren, das Land aber
gemäß seinem Landesherren (wie im Westfälischen Frieden vereinbart)
protestantisch.
Da
die Partizipanten aufgrund ihrer weitgehenden Rechte und der
vorgenommenen Landenteignung auf Widerstand bei der verbliebenen
Bevölkerung stießen, erhielten sie nicht die erforderliche
Unterstützung durch Deicharbeiter. Sie ließen daher einige hundert
Deichbauer aus Brabant einreisen, die ebenfalls katholischen Glaubens
waren. Durch den Hauptpartizipanten Quirinus Indervelden kam Christian
de Cort nach Nordstrand, ein Superior des Oratoriums in Mecheln (eine
Vereinigung von Geistlichen ohne Ordenscharakter), der auf Nordstrand
eine Art Außenstelle des Mechelner Oratoriums gründete und außerdem
durch den Kauf der Anteile des Partizipanten Joseph de Smit selbst zu
einem der vier Hauptpartizipanten wurde. Die anderen Partizipanten
übertrugen den ihnen zustehenden Zehnten von ihren Ländereien auf
Christian de Cort, der dafür die seelsorgerische Versorgung der neuen
Köge sicherstellen sollte. Er wurde auch zum Hauptverantwortlichen der
folgenden Deichbaumaßnahmen.
Am Herrendeich gründen die Oratorianer ihr Herrenhaus, in der
dortigen Kapelle finden zunächst die katholischen Gottesdienste statt.
Zuständig für das Oratorium auf Nordstrand ist der Bischof von
Utrecht. 1662 schließlich baut Christian de Cort an der Schnittstelle
der inzwischen drei Köge Nordstrands die Kirche St. Theresia auf dem
Osterdeich.1680 wird an die Kirche das Pfarrhaus angebaut.
Patronin
der Kirche ist Teresa von Avila (1515 - 1582), eine spanische Mystikerin
mit interessantem Lebenslauf, die ihren Weg gegen alle Widerstände
verfolgt hat. Um den Zwängen einer männerbestimmten Welt zu entgehen,
ging sie in ein Karmeliterinnenkloster. 1562 gründet sie mit vier anderen
Frauen ein eigenes Kloster, weckt das Misstrauen des Klerus, die
Inquisition wird auf sie aufmerksam - aber sie schafft es, weitere
Klöster zu gründen, die auf ihrer auf Meditation aufbauenden,
innerlichen Religiosität gründen. Ein Zitat von Teresa: "Es ist
kein kleines Kreuz, seinen Verstand dem zu unterwerfen, der keinen hat.
Ich habe das nie vermocht, und es scheint mir auch nicht richtig zu
sein." Mehr über diese interessante Frau auf der
Homepage
der Theresienkirche.
Im Zuge der jansenistischen Bewegung kommt es auch auf Nordstrand zu
einer Kirchenspaltung. Der Jansenismus ist eine auf starker
Innerlichkeit und tiefer Frömmigkeit beruhende Glaubensrichtung, die
schnell in Konflikt mit den Jesuiten gerät. Viele französische
Jansenisten flüchten in die Niederlande, das Bistum Utrecht wird zu
einem Zentrum dieser Bewegung. 1723 kommt es zur Trennung zwischen
Utrecht und Rom und damit auch zu einer ständigen Auseinandersetzung
zwischen den beiden Richtungen des katholischen Glaubens auf Nordstrand.
St. Theresien bleibt jansenistisch orientiert, römisch-katholische
Katholiken müssen z.B. zum Heiraten in die Kirche nach Friedrichstadt.
Taufen und Beerdigungen nimmt der jansenistischen Priester auf
Nordstrand vor.
Nach dem I. vatikanischen Konsil 1870 entsteht die alt-katholische
Kirche, die die bei diesem Konsil verabschiedeten Dogmen (Unfehlbarkeit,
unmittelbare Befehlsgewalt des Papstes über alle Christen) nicht
anerkennen kann. Katholiken, die diese Dogmen öffentlich bezweifelten
wurden exkommuniziert. Die Theresienkirche bleibt beim Bistum Utrecht
und wird 1920 dem deutschen Bistum der Alt-Katholiken übertragen. Die
Alt-Katholiken haben eine synodale Struktur, es gibt kein Zwangszölibat
und Frauen sind zum Priesteramt zugelassen.
Ursprünglich
hatte die Theresienkirche keinen Turm und eine flache Holzdecke. 1887
wurde die Kirche renoviert und erhielt ein Ziegeldach, den kleinen Turm
und eine gewölbte Decke über dem Kirchenschiff. Auf der
Homepage
der Theresienkirche wird außerdem dargelegt, warum die Aufschrift
DOM auf dem Turm darauf hindeutet, dass es sich bei der Kirche
vielleicht wirklich um einen Dom handeln könnte.
Nach dem Krieg zwischen Dänemark und Preußen fällt das Herzogtum
1864 an Preußen, mit der folgenden Religionsfreiheit erhalten die
römischen Katholiken das Recht, auf Nordstrand eine eigene Kirche zu
bauen, 1866 wird die Pfarrkirche St. Knud gebaut.
Quellen: Georg
Quedens, Nordstrand, Breklumer Verlag 1977, 4. Auflage 1994;
Homepage der alt-katholischen Kirche (s.o.); Peter Schmidt-Eppendorf,
Von der Propstei zum Seeheilbad: Nordstrand, in: Das
große Nordfriesland-Buch, Hamburg, 2000; Fritz Karff, Nordstrand,
Geschichte einer nordfriesischen Insel, Hamburg 1978,