Rungholt taucht auf

Rungholtsand, Blick vom Fuhle Schlot Richtung NordenLange Zeit war Rungholt wirklich nicht mehr als ein Mythos, ein Name, der auf Karten erscheint und in Chroniken erwähnt wird, die alle erst lange Jahre nach der Existenz der Stadt gefertigt wurden. Dokumente aus der Blütezeit der Stadt, zeitgenössische Erwähnungen des Namens Rungholt, all dies gab es nicht. War Rungholt vielleicht wirklich nur eine Sage, ein nordfriesisches Atlantis, sagenhaft - aber nicht real? Dokumente und Siegel der Edomsharde sind vorhanden, aber der Name Rungholt?

Es gibt nur ein einziges bekanntes Dokument aus der Zeit vor 1362, dass die Existenz der Stadt Rungholt belegt. Es ist ein Hamburger Testament aus dem Jahr 1345, das Ratsleuten der Edomsharde zur Kenntnis gegeben werden sollte und auf seiner Rückseite folgende Adressaten aufführt: "Edomsharde Kirchspiel Rungholt, Richter, Ratsleute, Geschworene, Thedo Bonissen samt Erben". Rungholt taucht auf aus den Tiefen eines Hamburger Urkundenbuches. Es hat die Stadt also tatsächlich gegeben, 1345 war sie existent - allerdings nicht einmal mehr für zwei Jahrzehnte.

Ab dem 19. Jahrhundert ist Rungholt auch im Watt wieder aufgetaucht, erste Spuren der Schleuse finden sich, unter dem Wattboden tauchen die Spuren historischer Äcker auf - neben den Keramikresten und Ziegeln, die immer wieder gefunden wurden, sind dies wirklich sichere Zeichen für die historische Besiedlung des Rungholtgebiets. Auch Reste des Niedam-Deiches konnten im Watt ausfindig gemacht werden.

Möglich wird das Auftauchen Rungholts durch die Zerstörung der Fluten. Kulturspuren tauchen nur dort auf, wo die darüberliegenden Sedimente abgetragen werden. So wurde das Gebiet, in dem Andreas Busch die meisten Warften und wahrscheinlich auch die Kirchwarft Rungholts entdeckt hat erst sichtbar, als die Hallig Südfall immer kleiner wurde. Die meisten Funde wurden dort gemacht, wo vorher die inzwischen völlig verschwundene Nordwestspitze der Hallig, der Kaob, war. Andere Spuren werden von Prielen freigespült und verschwinden, je tiefer sich der Priel sein Bett gräbt, für immer.

Im Bereich der Rungholtschleuse hat sich das Dwarsloch immer näher an die Hallig Südfall herangegraben - ohne Uferbefestigung hätte die Hallig längst weitere Fläche verloren, oder wäre sogar gänzlich verschwunden. Wahrscheinlich wären dabei auch kurz weitere Spuren aufgetaucht.

Vielleicht taucht Rungholt irgendwann weiter auf, vielleicht gelingt es, Spuren, die heute unter dar Hallig Südfall verborgen sein müssen durch neue Methode ohne Abtragung des Bodens zu finden. Noch ist Rungholt vorhanden, es taucht auf - nicht nur in der Sage.

Quelle: Hans-Herbert Henningsen, Rungholt - der Weg in die Katastrophe, Band 2 Husum 2000, Jörn Hagemeister, Rungholt - Sage und Wirklichkeit, St. Peter Ording, 1979

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Andreas Busch und die Spurensucher