Am
11. Oktober 1634 vollendete eine schwere Sturmflut, was 300 Jahre
vorher begann - das Fallstief brach endgültig durch die Insel
Alt-Nordstrand, ein Durchbruch, der nie wieder bedeicht werden
konnte. Schon vor dieser Flut hatten etliche Sturmfluten im 16.
Jahrhundert und auch Anfang des 17. Jahrhunderts Deiche zerstört,
Menschen getötet und Kirchspiele versinken lassen.
Im Rungholt-Gebiet lebten auch nach der Flut von 1362 noch
Menschen, siedelten sich auf Flächen an, die im Laufe der Jahre
wieder über Fluthöhe angewachsen waren. So soll z. B. der Ort
Fedderingman Capell erst 1532 endgültig versunken sein. Reste des
Ortes finden sich am Ufer der Norderhever nordwestlich von Südfall.
Ende des 16. Jahrhunderts bis Anfang des 17. Jahrhunderts kommt es
zu einer besonders großen Anzahl schwerer Fluten. Ähnlich wie 300
Jahre zuvor ist von einer Periode mit extremer Klimaverschlechterung
auszugehen. Zu nennen ist z. B. die Allerheiligenflut 1570, auf
Alt-Nordstrand brachen mehrere Deiche. Fast jährlich folgten neue
Sturmfluten, denen die notdürftig geflickten Deiche nicht
standhielten. Die Lasten der Deicharbeiten führten zu einer
Verarmung der Bevölkerung.
1615 setzte eine schwere Sturmflut auf Alt-Nordstrand 19 der 22
Kirchspiele unter Wasser. Die Deiche werden also in keinem guten
Zustand gewesen sein, die Menschen entmutigt vom oft vergeblichen
Kampf gegen das Wasser, als der 11. Oktober 1634 kam. Der Tag soll
sonnig begonnen haben, erst abends wurde der Wind stärker und
drehte auf Nordwest - die für Sturmfluten verheerende Windrichtung.
In der Nacht erreichte er Orkanstärke, die ersten Deiche brachen.
Am Ende der Nacht waren mehr als 40 Deichbrüche zu verzeichnen,
6035 Einwohner Alt-Nordstrands sollen getötet worden sein. Die
Landkarte der Uthlande hatte sich erneut radikal verändert. Von Alt-Nordstrand
blieben die Pellwormharde, das Gebiet der heutigen Insel Nordstrand
und das wüste Moor - die heutige Hallig Nordstrandischmoor -
übriggeblieben. Die Landflächen waren nun aber ohne schützende
Deiche.
Die
größten Teile der Pellwormharde konnten wenige Jahre nach der Flut
neu eingedeicht werden, neue Köge wurden gewonnen. Auf Nordstrand
gelang dies zunächst nicht. Die wenigen Überlebenden waren nicht
in der Lage, die Deiche aus eigener Kraft zu errichten, sie waren
nicht in der Lage, den Bau der Deiche zu finanzieren. Trotz
Auswanderungsverbot blieb vielen keine andere Wahl, als die Insel
für immer zu verlassen. Auch 20 Jahre nach der Flut war Nordstrand
noch immer ohne Deiche.
Schließlich wurden die verbliebenen Nordstrander enteignet, 1652
hollte der Gottdorfer Herzog Friedrich III. niederländische
Partizipanten ins Land, denen es bis zum ende des 17. Jahrhunderts
gelang, einige Köge auf Nordstrand einzudeichen.
Die schwere Sturmflut vom 11. Oktober 1634, die zweite grote
Mandränke - hat das heutige Bild der Uthlande und des
nordfriesischen Wattenmeeres weitgehend geprägt. Das Fallstief, die
heutige Norderhever, grub sich immer tiefer in den weichen Boden des
schon lange versunkenen Rungholtgebiets und die Flächen der von da
an geteilten Insel Alt-Nordstrand.
Quellen: Manfred Jakubowski-Tiessen, Die
großen "Mandränken": Sturmfluten in Nordfriesland, in: Das
große Nordfriesland-Buch, Hamburg, 2000
Hans-Herbert Henningsen, Rungholt
- der Weg in die Katastrophe, Band 1 Husum 1998, Band 2 Husum
2000
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