Die Halligen - Reste einer Landschaft?
Die
Halligen sind relativ junge Gebilde, die in engem Zusammenhang mit der
Veränderung der Uthlande in den letzten tausend Jahren stehen.
Die nordfriesischen Uthlande haben
sich durch das Zusammenspiel von Landabsenkungen - vor allem in den
nacheiszeitlichen Moränentälern, aber auch durch Entwässerung und
Torfabbau zur Salzgewinnung - und Anstieg des Meeresspiegels stark
verändert. Bis ins 14. Jahrhundert bildeten die Uthlande eine mehr oder
weniger zusammenhängende, von Prielen und Flüssen durchzogene
Landschaft, die besiedelt und urbar gemacht wurde (zur Entstehung der
nordfriesischen Uthlande siehe auch: Nordfriesland
- eisgeformt, meergeprägt).
Mit dem Steigen des Meeresspiegels
gerieten größere Flächen in den Einfluss von Ebbe und Flut, sie
wurden zum Schutz eingedeicht, die Siedlungen wurden auf Warften
errichtet. Trotzden drangen die Sturmfluten immer tiefer ins Land ein,
die Priele wurden breiter, Wattenströme wie das Fallstief - die
spätere Norderhever zwischen Pellworm und Nordstrand - gruben sich in
den weichen Kleiboden. Eine Reihe von Sturmfluten - die bekanntesten
waren die beiden Groten Mandränken 1362 und 1634 - zerrissen das Land
endgültig, Städte und Inseln gingen unter.
Während das Meer an der einen
Stelle Land abtrug, kam es an anderen Stellen, die strömungsgünstig
lagen und einen festeren Untergrund boten wieder zu Auflandungen. Jede
Flut bringt Sedimente mit sich, die beim Stillstand zwischen Ebbe und
Flut absinken und Schicht für Schicht zu neuem Land aufwachsen. Das
Ergebnis dieses Prozesses sind die heutigen Halligen. Sie sind also
weniger die Reste einer alten Landschaft - nur Nordstrandischmoor und die
Hamburger Hallig sind stehengebliebene Flächen der Insel Alt-Nordstrand -
sondern neu aufgewachsenes, durch die Ablagerung von Sedimenten an
strömungsgünstigen Stellen entstandenes Land.
Durch die Strömung der
Wattenströme wie z. B. der Süderaue oder der Norderhever werden die
aufgelandeten Flächen an ihren Rändern allerdings wieder abgetragen -
die Halligen haben über die Jahrhunderte dramatisch an Fläche
verloren. Seit 1713, als die Halligen zum erstem Mal genau
vermessen wurden, hat sich die Fläche der Halligen bis 1900 im Durchschnitt um die Hälfte
verringert. Der Wechsel zwischen
Auflandung und Abtrag wurde erst um 1900 mit der beginnenden Uferbefestigung
der Halligen gestoppt. Ein Grund für die kostspielige Erhaltung der
Halligen war und ist vor allem ihre Funktion als Wellenbrecher und damit
wichtiger Faktor beim Küstenschutz und dem Erhalt der weiten Wattflächen
vor der Küste.
Heute
dienen die Halligen dem Küstenschutz, ihre Bewohner (nur einige der
Halligen sind bewohnt, andere dienen allein dem Naturschutz) leben vom
Tourismus, sind für den Küstenschutz angestellt und betreiben zum Teil
Landwirtschaft (Schafe und Pensionsvieh vom Festland). Insbesondere die
Sturmflut 1962 hat die Halligen erheblich in Mitleidenschaft gezogen.
Nach der Flut wurden die Warften erhöht und die meisten Hallighäuser
neu erbaut. Sie verloren dadurch viel von ihrem pittoresken Charme -
erhielten aber die für eine weitere Besiedlung der Halligen dringend
notwendigen sturmflutsicheren Räume, um die Menschen zu
schützen.
Inzwischen sind die Halligen ans
Strom- und Wassernetz angeschlossen, Trinkwasser muss nicht wie in
früheren Zeiten in Sodbrunnen und dem Fething (eine Art Teich in der
Mitte der Warft, Regenwasser wurde zur Tränkung des Viehs gesammelt)
aufbewahrt werden.
Von den Inseln unterscheiden sich
die Halligen dadurch, dass sie aus neu aufgelandeten Sedimenten entstanden sind
und nicht - wie die Inseln Sylt, Amrum und Föhr - einen festen
Geestkern in Form der nacheiszeitlichen Alt-Moränen besitzen. Die
Marscheninseln Pellworm und Nordstrand bestehen zwar auch teilweise aus
neu aufgelandetem Boden, sie sind aber durch einen hohen Seedeich
dauerhaft dem Einfluss des Meeres entzogen. Die Halligen verfügen
lediglich über eine Uferbefestigung in Form einer Steindecke oder über
einen niedrigen Sommerdeich. Bei hohen Fluten, die mehrmals jährlich
insbesondere im Winter auftreten, herrscht auf den Halligen Landunter,
die Nordsee reicht bis vor die Haustür der auf den Warften erhöht
errichteten Hallighäuser.
weiter: Salzwiesen
und Landunter - vom Leben auf der Hallig