Salzwiesen und Landunter - vom Leben auf der Hallig
Nur ein bis zwei Meter liegen die Halligen über dem
Meeresspiegel - das Leben auf den kleinen, durch neu angelagerte Sedimente
aufgewachsenen Landflächen wird vom Meer geprägt. Gesiedelt
werden kann auf den Halligen nur auf den aufgeschütteten Warften, die zumindest
einen gewissen Schutz vor den Fluten geben.
Mehrfach im Jahr werden die Halligen vollständig überflutet -
nur die Warften ragen dann noch aus dem Wasser - Landunter. Mit steigendem
Meeresspiegel wächst die Überflutungsgefahr für die Halligen. Landunter hat
aber auch eine Bedeutung für den Erhalt der Halligen, bei der Überflutung
werden neue Sedimente auf dem Halligboden abgelagert. Hierdurch werden dem Boden
neue Nährstoffe - vor allem aber wächst die Hallig weiter in die Höhe. Die
ist notwendig, da zum einen der Meeresspiegel steigt, zum anderen aber der
Marsch- und Moorboden unter den Halligen weiter absackt.
Für die Vegetation der Halligen hat Landunter ebenfalls
Bedeutung. Hier können nur salzresistente Pflanzen wachsen. Die Salzwiese ist
die bestimmende Vegetationsform der Halligen, Landwirtschaft muss sich also auf
die Viehhaltung beschränken. Früher waren die Halligwiesen im Gemeinbesitz (Allmende),
Mahd- und Weiderechte wurden in jedem Jahr neu verteilt. So kam jeder
Halligbauer mal in den Genuss guter Weideflächen - oder eben der schlechteren
Flächen. Heute gibt es die Besitzform der Allmende noch auf der Hallig Gröde.
Auf den weiden steht zumeist Pensionsvieh, dass im Sommer vom Festland auf die
Halligen kommt.
Das Halligleben war ein hartes und gefährdetes Leben. Viele der
Halligbewohner heuerten im 16. und 17. Jahrhundert auf den Walfängern an,
später wechselten sie in die Handelsschifffahrt. auf den Halligen bleiben dann
zumeist Frauen, Kinder und alte Menschen zurück. Grundwasser gibt es auf den
Halligen nicht, die Wasserversorgung musste über das Sammeln von Regenwasser
sichergestellt werden. So ist z.B. die Hallig Gröde erst seit 1976 an das
Wassernetz vom Festland angeschlossen.
Wasser für die Tiere wurde im Fething - einer Art Teich in der
Mitte der Halligwarft - gesammelt, das Trinkwasser für die Menschen in
Sodenbrunnen, die in die Warft eingelassen waren. Bei Sturmfluten gelangte
Salzwasser in Fething und Brunnen - Mensch und Vieh liefen Gefahr zu verdursten.
Geheizt wurde in früheren Jahren mit Ditten - einem Brennstoff
aus dem Dung der Halligkühe. Dieser wurde gesammelt und im Sommer auf der
Böschung der Warft zum Trocknen ausgebreitet und festgetreten. Daraus wurden
Soden gestochen, die für den Winter aufgestapelt werden konnten.
Lange Zeit fand das Leben der Halligbewohner fern ab des
Interesses der Festlandbewohner und des Staates statt. Halligschutz und
Sicherung vor Sturmfluten war allen Aufgabe der Halligbewohner - und mit deren
schlechter Wirtschaftslage kaum zu meistern. Zudem verloren die Halligen immer
weiter an Fläche. Erst Ende des 19. Jahrhunderts rückt der Halligschutz ins
Bewusstsein des Staates, 1894 geht der Halligschutz in den Aufgabenbereich des preußischen
Staates über. Bei der Halligflut 1825 hatten viele Halligbewohner ihr Leben
verloren, andere Haus und Hof - viele Menschen verließen die Halligen und
siedelten auf dem Festland oder den Inseln.
Heute leben die Halligbewohner nur zu einem geringen Teil von
der Landwirtschaft, die Erträge durch eigenes und durch Pensionsvieh können
den Lebensunterhalt nicht sichern. Viele Menschen sind beim Amt für ländliche
Räume angestellt und arbeiten im Küstenschutz und im Naturschutz. Zudem
entwickelt sich der Fremdenverkehr zu einem wichtigen Erwerbszweig. Wobei die
wachsende Zahl der Tagesausflügler die mit Schiffen für wenige Stunden auf die
Hallig kommen, zunehmend zu einer Belastung für die Halligbewohner werden - und
zudem nur wenig Geld auf der Hallig lassen (können). Interessanter sind
Dauergäste in Pensionszimmern und Ferienwohnungen, die das andere Leben mitten
im Mehr kennenlernen möchten.
Einige Halligen sind heute reine Naturschutzgebiete im
Nationalpark (Südfall, Süderoog), andere gehören schon seit langer Zeit
Naturschutzverbänden, wie die Hallig Norderoog, die 1909 vom Vogelschutzverein
Jordsand gekauft wurde. Auf diesen Halligen leben teilweise Vogelwarte, die
Halligschutz betreiben, die Vögel beobachten und Touristen fernhalten. Dabei
kommt es nicht nur zu Konflikten zwischen Tourismus und Naturschutz - es kommt
auch zu Konflikten zwischen Naturschutz und Halliglandwirten, wenn z.B. die
Ringelgänse die Salzwiesen kahl fressen. die Landwirte erhalten allerdings Entschädigungszahlungen
hierfür.
Die Halligen sind ein interessanterund gefährdeter Lebensraum
im nordfriesischen Wattenmeer. Sie haben nicht nur eine große Bedeutung für
die Natur in diesem weltweit einmaligen Ökosystem, sie sind auch für den
Küstenschutz unverzichtbar.
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- Reste einer Landschaft