Die
kleine Hallig Südfall im Watt vor der Insel Nordstrand. In der
Nähe dieser Hallig wurden viele Kulturspuren gefunden - ist
Südfall also der letzte Rest des Landes, auf dem einst die Stadt
Rungholt lag?
Andreas Busch konnte das 8-Warten-Gebiet am nordöstlichen Rand
Südfalls erst entdecken, nachdem die Flut die Nordost-Spitze der
Hallig fortgeschwemmt hatte. Südfall muss also wesentlich jünger
als Rungholt sein, weitere Reste der Stadt finden sich
wahrscheinlich unter der Oberfläche der Hallig.
Das Wattenmeer ist eine höchst dynamische Region, die sich auch
heute noch ständig ändert. Gewaltige Wassermassen strömen zweimal
täglich mit der Flut ins Wattenmeer und wieder zurück. Die
Strömung sorgt für gewaltige Umsetzungsprozesse, die Halligen und Inseln
verändern. Während z. B. die Insel Sylt langsam abgetragen wird,
wächst der Kniepsand vor der Insel Amrum in seiner Fläche.
So ist auch die Geschichte der Hallig Südfall sehr wechselhaft.
Nach der Flut von 1362 war das Gebiet der Edomsharde weitgehend
zerstört, das Fallstief bricht in die zuvor landfesten Gebiete ein
und reißt sehr schnell den lockeren, durch Ablagerung von
Sedimenten entstandenen Boden mit sich. Natürlich wird nicht die
gesamte Bodenmasse in die offene Nordsee gespült. An günstigen
Stellen lagern sich wieder Sedimente ab und neues Land wächst
langsam über den Meeresspiegel heran. So fanden sich nach der Flut
auch im Gebiet der zerstörten Stadt Rungholt wieder Flächen, die
bedeicht und besiedelt werden konnten. Rungholt selbst konnte
allerdings nicht zurückgewonnen werden.
Das
gesamte Gebiet liegt jetzt allerdings im Einflussbereich des
Fallstief, eines Wattenstroms, der die Landschaft zwischen den
heutigen Inseln Nordstrand und Pellworm stark verändert hat. Karten
aus dem 16. Jahrhundert zeigen bereits die typische Hufeisenform der
Insel Alt-Nordstrand, im Rungholtgebiet liegen die Halligen
Südfall, Nübel und Nielandt. Südfall liegt dem Fallstief am
nächsten und wird von diesem wohl weitgehend abgetragen. Der Name Südfall
geht auf die Hallig Nielandt über. Die Flut von 1634 führt zum
Durchbruch des Fallstief durch die Insel Alt-Nordstrand, Pellworm
bleibt teilweise erhalten, Nordstrand kann erst später wieder
eingedeicht werden. Ebenfalls erhalten bleiben Südfall als
gegenüber dem heutigen Zustand erheblich nach Westen ausgedehnte
Fläche und Nübel.
Andreas Busch hat vermutet, dass der markanten südwestliche
Einschnitt in die Uferlinie der Hallig die Mündnung der alten Hever
markiert. Am Ufer dieses Flusses wurde die Stadt Rungholt errichtet.
Mit zunehmendem Einfluss des steigenden Meeresspiegels wurde das
Gebiet eingedeicht und durch die an dieser Stelle errichtete
Rungholt-Schleue entwässert.
Das Fallstief grub sich nun aufgrund seines erweiterten
Einflussgebiets tiefer und breiter in den Boden, das heutige Seegatt
Norderhever entstand. Zwischen Norderhever und Heverstrom grub sich
das Dwarsloch. Durch Fallstief und Dwarsloch erodierten weitere
Flächen der Hallig Südfall. Nübel und der markante westliche
Haken der Hallig verschwanden (in etwa die Flächen der heutigen
Wattfläche Heversteert), das Dwarsloch drang weiter parallel zur
Norderhever nach Norden vor.
Eine
Skizze von Andreas Busch, der wohl am
ausführlichsten über Rungholt geforscht hat, zeigt die
Veränderungen im Rungholt-Gebiet um die Hallig Südfall. Deutlich
ist, wie sich die Fläche der Hallig verkleinert und in
nordöstlicher Richtung verlagert hat.
Auch wenn Südfall nicht alter Rungholter Boden ist - die Hallig
markiert den letzten Rest Land in diesem untergegangenen
Siedlungsgebiet, dessen Boden unter den neu aufgelandeten Flächen
der kleinen Hallig - von der ohne aufwändige Uferschutzmaßnahmen
heute aufgrund der Strömungen des Dwarslochs wohl kaum mehr etwas
übrig wäre - verborgen liegt.
Quelle: Hans-Herbert Henningsen,
Rungholt - der Weg in die Katastrophe, Band 1 Husum 1998, Band 2
Husum 2000
Marcus Petersen, Der Heverstrom, Bräist/Bredstedt, 1979
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