Die Miesmuschel
Die Miesmuschel ist nicht nur eine der bekanntesten und häufigsten, sondern
auch eine der bedeutendsten Tierarten im Wattenmeer. Als "Kläranlage",
Vogelfutter, Schlicksammler, Wohnsubstrat und Fischereiobjekt besetzt die
Miesmuschel in mehrfacher Hinsicht Spitzenpositionen im Wattenmeer.
Etwa
50 andere Tierarten siedeln auf und zwischen den Muscheln, zusätzlich etwa 15
Algenarten. Mit einer Biomasse von 12 kg Muscheln pro m2 Muschelbank beherbergen
die Bänke etwa 10 x so viele Tiere wie andere Wattflächen. Das lockt räuberische
Tiere an, so dass bei Ebbe viele Vögel, bei Flut die Krebse und Fische hier zur
Jagd erscheinen.
In West- und Südeuropa, wo Muscheln viel häufiger verzehrt werden als in
Deutschland, besteht eine enorme Nachfrage nach Miesmuscheln. Seit Anfang der
80er Jahre ist die deutsche Miesmuschelflotte überwiegend von holländischen
Firmen übernommen worden und hat massiv expandiert. Sowohl die Zerstörung der
Wildbänke als auch die Anlage von Kulturbänken im Tiefwasser führen immer
wieder zu Naturschutzkonflikten.
Wie lebt die Miesmuschel?
Als einzige oberirdische Muschel im Watt muss sie sich gegen Verdriftung schützen,
indem sie sich an harten Gegenständen anheftet. Die Byssusfäden zur
Verankerung werden in einer Drüse im Fuß produziert und mit der Fußspitze
angeheftet. Meist bilden Tausende von Muscheln an Prielufern dichte Bänke. Hier
liegen sie bei Ebbe kurz trocken, so dass Möwen sie von ihren Todfeinden, den
Seesternen, befreien können. Bei Überflutung filtrieren die Muscheln
Nahrungsteilchen aus dem Wasser.
Die Muscheln befreien sich aus dem Schlick, den sie bei der Filtertätigkeit
ausscheiden, in dem sie sich an Nachbarmuscheln festheften und hochziehen.
Weibliche Miesmuscheln produzieren im Frühjahr 5-12 Mio. Eier. Die Larven
driften 1 Monat umher, heften sich an Hartgrund fest und wählen nach 6 Wochen
den endgültigen Wohnsitz.
Hätten Sie gedacht, dass...
- das mittelhochdeutsche Wort "mies" = Moos der Muschel den Namen
gab, weil ihre Byssusfäden (und auch Algen) wie Moos auf der Schale wirken?
- eine 3 cm lange Miesmuschel stündlich 1l filtert? die Muscheln durch
ruckartiges Zuklappen der Schale "niesen", wenn sie zu viel
Schlick eingesaugt haben und ihn nicht ausstrudeln können?
- die innere Perlmuttschicht kleine Perlen bilden kann, wenn Sand in die
Muschel gelangt ist?
- Miesmuscheln nach Eiswintern guten Fortpflanzungserfolg haben, weil bei Kälte
die jungen Krebse erst verspätet erscheinen und es nicht wie sonst
schaffen, die meisten Jungmuscheln aufzufressen?
- die Miesmuschelkulturen in Schleswig-Holstein 3 x so viele Muscheln
beherbergen, wie natürlicherweise vorkamen? Dass dadurch 2000 ha
Meeresboden für natürliche Lebensgemeinschaften fehlen?
- um 1990 nach einer Folge milder Winter die Miesmuscheln so wenig Nachwuchs
hatten, dass in den Niederlanden Eiderenten und Austernfischer verhungerten,
weil Muschelfischer alle erreichbaren Muschelbestände abgeräumt hatten?
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