Queller
Die Charakterpflanze der Schlickwatten, der Verlandungszone zwischen Meer und
Land, ist ein kurzlebiges Geschöpf, das nur sieben Monate lebt, von April bis
Oktober. Dann bleibt es seinen Samen überlassen, die Winterzeit zu überstehen
und im nächsten Frühjahr für einen Neubeginn zu sorgen.
Nach
einem Regenschauer im April keimen die von den Winterstürmen verteilten Samen
des Quellers und bilden winzige, dickfleischige Keimblätter. Die Pflanze wächst
schnell zu einem "Miniatur-Säulenkaktus" heran.
Im August erscheinen winzige gelbe Staubbeutel an den Sprossenden des
Quellers - er steht in voller Blüte. Wind & Wasser bestäuben die
Samenanlagen. Erst nach dem Tod der Pflanze lässt der Frost die Samenkapseln
aufspringen. Die Samen liegen jetzt im Dezember manchmal kreisförmig rund um
die Quellerpflanzen. Doch bald spült ein Hochwasser sie hinweg oder hungrige
Wintergäste - Schneeammer, Ohrenlerche und Berghänfling - picken sie als
Kraftfutter auf.
Wo ist der Queller zu finden?
Der Queller besiedelt die Pionierzone der Salzwiesen knapp unterhalb der
Hochwasserlinie, wo er täglich zweimal vom Meerwasser überspült wird. Dieser
Extremstandort, der zwar viel Sonne garantiert, aber durch das Meersalz
lebensfeindlich für Landpflanzen ist, verlangt dem Queller physiologische Höchstleistungen
ab. Um aus dem salzigen Schlick Wasser aufnehmen zu können, muss der Queller
eine enorme Saugkraft aufbringen. Dies schafft er, indem er Salz und andere
Ionen in seinem Zellsaft anreichert. Da jedoch ungewollt immer mehr Meersalz über
die Wurzeln in die Pflanze gelangt, erhöht der Queller im Lauf des Sommers
seinen Wassergehalt, um das störende Salz zu verdünnen. Dies lässt ihn
aufquellen, was ihm den Namen gab. Im Herbst ist der Salzgehalt schließlich so
hoch, dass die Pflanze sich rot verfärbt und dann abstirbt.
Hätten Sie gedacht, dass...
- die Asche von Quellerpflanzen durch ihren Salzgehalt den Schmelzpunkt von
Glas herabsetzt, was bei der Glaserzeugung wichtig war und der Pflanze den
Namen "Glasschmalz" eintrug?
- es drei Arten von Queller bei uns gibt, die aber nur von Fachleuten zu
unterscheiden sind?
- Queller ein wichtiges Futter für die im Oktober eintreffenden Pfeifenten
ist?
- die Freisetzung der Quellersamen nach dem ersten Frost für die überwinternden
Berghänflinge so wichtig ist, dass sie sofort aus den Strandasterwiesen in
die Quellerwatten überwechseln?
- der Queller ein solches "Erfolgsmodell" ist, dass es Arten aus
dieser Gattung an Küsten rund um den Globus gibt?
- die Flächenverkleinerung durch Rückbildung der Blätter beim Queller
sowohl den Wasserverbrauch senkt als auch seinen Strömungswiderstand bei Überflutung
verringert?
- Queller im Juni sehr gut als Salat schmeckt?
- der Queller trotzdem nicht der wildwachsende Vorläufer der Salzstange
ist?
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