Homberg - ein kleiner Stadtrundgang
Homberg (Efze), eine Kleinstadt in Nordhessen - das klingt nach
tiefer, verschlafener Provinz. Und sicherlich ist Homberg auch oft genug
ein verschlafenes Kaff, in dem zu wenig los ist. Aber ist es nicht auch
genau dies, nach was wir uns in dieseer hektischen Welt ab und an
sehnen?.
Warum also sollen gerade Sie hierher kommen und als Besucher und Gast
unsere Stadt erleben? Zunächst einmal ist die Stadt am Berg eines der
schönsten Fachwerkstädtchen Nordhessens. Die Altstadt gehört sicherlich
zu den Höhepunkten einer Tour durch Hessen, die niemand versäumen
sollte. Der Marktplatz ist umgeben von einem Ring sorgfältig sanierter
Fachwerkhäuser und wird von der mächtigen spätgotischen Stadtkirche
dominiert. Allein dieses Fachwerkensemble des Marktplatzes ist einen
Besuch wert. Aber auch die Gassen um den Marktplatz herum haben einiges
zu bieten. Also machen wir einen kleinen Stadtrundgang.
Der weiträumige Marktplatz inmitten der engen Altstadt mit ihren
kleinen Gässchen lässt noch heute die Zeiten erahnen, als sich hier die
Menschen zum Markt trafen und durchreisende Händler ihre Stände
aufschlugen. Oder die Zeiten, als sich die Menschen im dreißigjährigen
Krieg voll Panik hier sammelten. Immer wieder wurde die Stadt bedrängt
und schließlich fast vollständig zerstört. Einmal sammelte sich hier
Anfang des 19. Jahrhunderts auch ein seltsames Bauern- und Bürgerheer,
um den französischen König von Westfalen aus Kassel zu vertreiben
(siehe: Der
Dörnbergaufstand - ein Homberger Fiasko). Aber es gab natürlich auch hier die gern verdrängten Aufmärsche derer, die sich euphorisiert unter
dem Hakenkreuz sammelten und zum Krieg gegen Länder und Menschen
hetzten, die sie in ihrer kleinen nordhessischen Stadt niemals kennen
gelernt hatten.
Der neu gestaltete Marktplatz präsentiert sich wieder als gute Stube
der Stadt - wer sich Zeit
nimmt, stehen bleibt und den Blick über die Giebel und Fassaden der
Häuser herüber zur Kirche schweifen lässt, wer die mächtige Giebelfront
der Engel-Apotheke bestaunt oder das historische Gasthaus Krone an der
Ecke des Marktplatzes, kann etwas fühlen von der wechselhaften
Geschichte dieser alten Stadt. Und kann beim Blick in die manchmal toten
Schaufensterscheiben leerer Geschäfte erahnen, wie schwer die Zukunft
wird, wenn das für die Erhaltung der Häuser erforderliche Geld nicht
mehr erwirtschaftet werden kann.
Vom Marktplatz aus finden sich viele kleine Gassen, die in die
Altstadt führen. Über die Treppen zum Kirchplatz kann man hinauf steigen
in die Gassen der Oberstadt. Wählen Sie den Weg durch diese Gässchen, um
unsere Stadt kennen zu lernen, eine Stadt, die kein Freilichtmuseum ist,
die nicht erhalten ist, um den Anschein einer pittoresken, aber nicht
realistischen Sehnsucht nach der angeblich immer besseren vergangenen,
alten Zeit aufrechtzuerhalten. Hier leben Menschen, schauen aus den
Fenstern der Häuser, sehen Ihnen zu beim Aufstieg zur Burg, auf der sie
selbst vielleicht schon seit Jahren nicht mehr waren. Durch die kleine
Gasse zwischen Vorplatz des Rathauses und dem Hochzeitshaus, in dem das
Heimatmuseum untergebracht ist gelangen Sie zur Stadtmauer und verlassen
durch das Pförtchen den Mauerring der Stadt, blicken noch zurück auf die
mächtigen roten Ziegeldächer der eng beieinander stehenden Häuser und
steigen an den Gärten, in denen noch echtes Gemüse angebaut wird, vorbei
durch den Wald hinauf zur Burg.
Ist es unten in der Stadt die Enge der Gassen, die
aneinander gelehnten Häuser, die Geborgenheit vermitteln, so ist es auf
der Burg der Weitblick über die nordhessische Landschaft, der
fasziniert. Lassen Sie den Blick schweifen über die nordhessische Senke,
die Borkener Seenplatte (Braunkohletagebau) und den dahinter liegenden
Kellerwald bis zu den Höhen des Knüllgebirges. Die Tafeln auf dem
Mauerring des Aussichtturms auf der Burg (der aus alten Steinen gebaut
keinerlei Bezug zur alten Burg hat, in einer alten Planung mal der
chauvinistischen Kriegsverklärung dienen sollte, heute aber einen
wunderbaren Ausblick bietet) geben Ihnen immer Auskunft, was Sie gerade
sehen. Von hier oben lernen Sie die Ambivalenz dieser Landschaft kennen,
die in der Ebene fruchtbare und leicht zu bearbeitende
landwirtschaftliche Flächen bietet, die von immer weniger werdenden
landwirtschaftlichen Betrieben mit hohem Aufwand an Technik und Chemie
bearbeitet werden und im Bergland des Mittelgebirges mit kleinen Flächen
und schwer zu bearbeitendem Gelände den wenigen verbliebenen
Nebenerwerbsbauern kaum eine Existenzchance lässt. Die Dörfer sterben
aus, jungen Menschen bietet sich nur wenig Zukunftsperspektiven, sie
wandern ab - falls sie irgendwo einen Arbeitsplatz finden.
Und Sie schauen zurück auf die von der Kirche dominierte Altstadt,
die dicht beieinander stehenden Häuser, eine gewachsene Stadt, die ihren
Bürgern innerhalb der Mauern Sicherheit und Geborgenheit geben wollte.
Der enge Platz innerhalb des Mauerrings wurde bis in den kleinsten
Winkel genutzt. Unterhalb des Mauerrings der Altstadt sehen Sie den
zweiten Mauerring, der den einst selbstständigen Stadtteil Freiheit
umschlossen hatte.
Von hier oben sehen Sie aber auch, wie sich die Stadt verändert hat,
von der engen Altstadt bis zur zersiedelten Landschaft der
Neubaugebiete, die ohne landschaftsbezogene Einbindung den Verlust des
Gefühls der Einbindung des Menschen in die Natur und die
landschaftsspezifischen Eigenheiten symbolisiert. Und vielleicht kommen
Sie dann auch ins Grübeln über die Verbindung der Vergangenheit zur
Gegenwart - und darüber, wie unsere Zukunft und die Zukunft der Stadt
aussehen mag.