Der tiefe Brunnen auf der Hohenburg
Das
Schicksal von Burgen ist entscheidend abhängig von der Wasserversorgung
- dies verdeutlicht die Geschichte der Homberger Burg nachdrücklich.
Ursprünglich erfolgte die Versorgung mit Wasser auf der Hohenburg durch
Regenwasser, das über das Dach des Palasgebäudes in die darunter im
Brunnenhaus liegenden Zisternen geleitet wurde. Außerdem wurde
Trinkwasser mühsam aus dem unterhalb des Bergs liegenden Hausbrunnen
hinauf auf die Burg geschafft. Im 17. Jahrhundert genügte dies nicht
mehr den Anforderungen an eine Burg, so dass im Auftrag von Landgraf
Moritz mit dem Bau eines Brunnen innerhalb des Burggeländes begonnen
wurde. Der Bau eines solchen Brunnens war eine schwierige bergtechnische
Herausforderung und konnte nicht - wie gern erzählt wird - von
Gefangenen ausgeführt werden. Acht ausgebildete Bergleute arbeiteten
rund um die Uhr in 2-Mann-Schichten am Brunnen, nur am Wochenende ruhte
die Arbeit.
Die
Arbeit ging langsam voran, Brunnenbau im harten Basaltfels war kein
einfaches Unterfangen. Pro Jahr schaffte man ca. 36 Meter Tiefe.
Zunächst bestand die große Hoffnung, in etwa 90 Meter Tiefe auf das
Wasser des Hausbrunnens zu stoßen, leider setzte sich diese Wasserader
nicht ins Basaltgestein fort, der Brunnen blieb trocken. Auch der tiefer
gelegene Mönchsbrunnen, dessen Wasser in der Stadt genutzt wurde, blieb
für die Brunnenbauer unerreichbar, sie mussten immer tiefer graben.
Die Skizze von Wilhelm Dilich verdeutlicht die Dimensionen des
Brunnenbaus - allerdings ist der Brunnen hier noch nicht in seiner
endgültigen Tiefe dargestellt. Denn die Bergleute mussten bis in die
Tiefe von 150 Metern graben, erst hier, fast auf dem Niveau des
Wasserspiegels der Efze, stießen sie auf das ersehnte Wasser. Und gruben
gleichzeitig einen der tiefsten Burgbrunnen Deutschlands.

Die Arbeit am Brunnen lief Tag und Nacht, Knechte zogen das
geschlagene Gestein aus dem Brunnen und schafften es fort. Über
Blasebalge wurde ständig Frischluft nach unten gepumpt, von Zeit zu Zeit
schüttete man Pulver in das immer tiefer werdende Loch, entzündete es
mit herabgeworfenen Glutstücken, um durch die Explosion einen
Luftaustausch herbeizuführen. Der mit Quadern ausgemauerte Brunnen
kostete schließlich die enorme Summe von 25.000 Gulden - umgerechnet auf
heutigen Geldwert entspricht dies etwa 15 Mio. Euro. Die Arbeiten
dauerten von 1605 bis 1613. Im Brunnenhaus oberhalb des Brunnenschachts
befand sich ein von Eseln getriebenes Brunnenrad, mit dem die
Schöpfkübel in den tiefen Schacht hinabgelassen und gefüllt mit Wasser
hinaufgezogen wurden.
Die
Freude am neuen Brunnen währte allerdings nicht sehr lange. 1636 wurde
die Burg durch die kaiserlichen Truppen von General Götz belagert. Es
gelang zunächst die Belagerer zurückzuschlagen. Leider stürzte kurze
Zeit später eine Magd in den Brunnen, ihr Körper wurde an den
Brunnenwänden zerschmettert und konnte nicht geborgen werden. Im heißen
Juli war das Brunnenwasser schnell vergiftet, der Brunnen konnte nicht
mehr genutzt werden. Wasser wurde wieder aus den am Fuß des Bergs
gelegenen Hausbrunnen und dem Erleborn geholt, die allerdings von den
Feinden ebenfalls mit Tierkadavern vergiftet wurden. Nach erneuter
Belagerung - wie viele auf der Burg mögen in ihrer Not das vergiftete
Wasser getrunken haben und elend gestorben sein - musste die Burg am
3.8.1636 den Feinden übergeben werden. 1648 wird die Burg zwar
zurückerobert, ist aber derart zerstört und militärisch bedeutungslos,
dass ein Aufbau nicht mehr in Frage kommt. 1657 wird der tiefe Brunnen
auf Anweisung von Landgräfin Amalie aus Sicherheitsgründen 'zugemacht'.
Genau
340 Jahre später hat die Burgberggemeinde im Jahr 1997 begonnen, den
verschütteten Brunnen wieder aufzumachen. Der Umwelttechniker und
Brunnenspezialist Dr. Rainer Nier-Glück aus Löffingen wurde mit seiner
speziellen Förderanlage engagiert, den Burgbrunnen freizulegen.
Vorausgegangen waren jahrelange Verhandlungen mit dem Amt für
Denkmalpflege um die Genehmigung zur Freilegung des Brunnens. Wurde
diese zunächst kategorisch abgelehnt, so konnte nach umfangreichen
politischen Interventionen doch noch die Genehmigung unter umfangreichen
Auflagen erreicht werden. Die Arbeiten gingen in mehreren Kampagnen,
unterbrochen auch durch Erkrankung von Dr. Nier-Glück, unter Beteiligung
vieler engagierter Helfer aus der Stadt voran. Pro Tag wurde ca. 1 Meter
Tiefe in mühsamer Handarbeit geschafft. Jeder Hiev aus dem Brunnen wurde
sorgfältig Stein für Stein gesichtet und archäologisch dokumentiert.
Finanziert
wurde die Brunnenfreilegung durch die Burgberggemeinde, die dabei mit
vielen Spenden von den BürgerInnen und Institutionen unterstützt wurde.
Am 20. Juli 2001 war mit dem 1.566sten Hiev die Brunnensohle in 150 m
Tiefe erreicht. Die Brunnensohle liegt damit oberhalb des Efzeniveaus
etwa in Höhe des Kreisels in der Ziegenhainer Straße.
Damit ist der Brunnen der dritt-tiefste in Deutschland. Tiefer sind
nur die Brunnen auf dem Kyffhäuser (176 m) und der Festung Königstein am
Ufer der Elbe in der Sächsischen Schweiz. allerdings ist der Homberger
Brunnen der tiefste in Basalt gehauene Brunnen Deutschlands und weit
über Deutschland hinaus einmalig, da er bis zur Brunnensohle mit
behauenen Quadern ausgemauert ist.
Die
Burgberggemeinde hat den Brunnen inzwischen mit einer Abdeckung
gesichert. Das Brunnenhaus mit dem Brunnen und der aus Basalttuff im
Nut- und Federverfahren errichteten Zisterne kann jederzeit besichtigt
werden. Der Brunnen ist beleuchtet (gegen Spende von 1 € durch einen
Automat einschaltbar). Über ein kleines Wännchen wird Wasser in die
Tiefe gekippt. Erst nach 16 Sekunden trifft das Wasser auf der
Oberfläche des Wasserspiegels tief unten im Brunnen auf. So erfährt man
eindrucksvoll die Tiefe dieses einmaligen Bauwerks.
Quellen: 50 Jahre Burgberggemeinde, Festschrift 1986
Die Burgruine Hohenburg auf dem Homberger Schlossberg,
Burgberggemeinde 1999
Die Burgberggemeinde hat auf ihrer Website eine Broschüre über den
Burgbrunnen verlinkt:
Weitere Infos:
Burgberggemeinde Homberg e.V.
Postfach 1464 • 34576 Homberg (Efze), 05681 930299
info@burgberggemeinde.de
• www.burgberggemeinde.de