Die Hohenburg
Hoch
über der Stadt auf einem Basaltkegel steht die Hohenburg. Der Berg hat
mit seiner Lage am Rand der nordhessischen Senke und am Schnittpunkt der
wichtigen Handelsstraßen von Fritzlar nach Hersfeld und der 'Langen
Hessen', einer Handelstraße, die von Antwerpen bis Nowgorod führte, eine
wichtige strategische Position. Stationen dieser Straße waren Köln,
Wetzlar, Marburg, Treysa, Spieskappel, Homberg, Spangenberg, Mühlhausen,
Danzig und Königsberg, die Straße war eine der bedeutendsten
Handelsverbindungen des Mittelalters.
Die nordhessische Senke ist altes Kulturland, daher darf vermutet
werden, dass bereits frühzeitig eine Befestigungsanlage auf dem Berg
errichtet wurde. In karolingischen Urkunden erscheinen etwa seit dem
Jahre 800 Dorfsiedlungen in der Nähe des Hohen Berges - Homberg selbst
scheint zu dieser Zeit allerdings noch keine Siedlung gewesen zu sein.
Bei Grabungen im Zuge der Freilegung der Burg in den 30er Jahren fanden
sich die Reste einer Vorgängerburg. Wahrscheinlich handelt es sich um
einen altfränkischen Wehrbau, worauf auch die Anlage eines typisch
altfränkischen Wirtschaftsvierecks um den Berg herum schließen lässt.
Nachgewiesen sind die Orte Ostheim, Westheim (wüst), Südheim (Sondheim)
und Nordheim (Norwich, wüst). Die Dörfer fungierten als Wehrdörfer zum
Schutz der Burg und sicherten die wirtschaftliche Grundlage der
Burgbesatzung.
Schon
1162 wird mit Rentwig von Hohenberg ein Mitglied der Familie von
Hohenberg erwähnt. Die Burg existiert also lange bevor die Stadt Homberg
1231 zum ersten Mal urkundlich in Erscheinung tritt. Zu dieser Zeit ist
die Burg im Besitz der Hersfelder Äbte. Schon 1190 gehört sie dann zum
landgräflichen Besitz. 1219 tritt Hartmann von Hohenberg als Gefolgsmann
der Mainzer Bischöfe auf, die Burg wird von landgräflichen Truppen
zurückerobert, Hartmann muss von der Burg weichen. 1427 stirbt das
Geschlecht derer von Homberg aus. Die Geschichte der sich im Besitz der
hessischen Landgrafen befindlichen Burg geht natürlich weiter, Die Burg
wird, nachdem 1431 ein Blitz den alten Burgturm zerstört, ausgebaut.
1504 - 1508 wird der Palas mit Treppenturm im Renaissancestil neu
errichtet. Die Burg gehört zu dieser Zeit dem Erzbischof Hermann von
Köln, dem Bruder des Landgrafen. Nach Hermanns Tod 1508 fällt sie zurück
in landgräflichen Besitz. Ab 1605 erfolgt der Bau des
Burgbrunnens. Von 1997 - 2001 wurde
der Brunnen - einer der tiefsten in Deutschland (150 m) - wieder von den
Steinen befreit, mit denen er seit der endgültigen Aufgabe der Burg nach
dem dreißigjährigen Krieg verfüllt war.
Anfangs
triff der Dreißigjährige Krieg Homberg kaum, Hessen-Kassel blieb bis
1631 neutral, dann wurde ein Schutzbündnis mit Gustav Adolf von Schweden
geschlossen. Die Burg wurde durch die Außenbastionen verstärkt. Um die
Burg zog sich ein gewachsener und durch Verhaue verstärkter Dornenwall,
dann kam der wasserlose Wallgraben, in dem als weiteres Hindernis ein
Ring aus hohen, spitz zugehauenen Stämmen verlief. Zwischen dem Graben
und der Burgmauer verlief ein weiterer hoher Pallisadengürtel. 1636
wurde die Burg von kaiserlichen Truppen unter General Götz angegriffen.
Die Kaiserlichen erschienen mit 13.000 Mann und 18 Geschützen. Von
Stellungen am Stellberg aus wurde die Burg beschossen, nach ca. 600
Schuss war eine Bresche in die Südwestmauer geschlagen, der Sturm der
Burg sollte am 18. Juli erfolgen. Die Bresche wird nur notdürftig
geschlossen, aber mit viel Wut und Kraft gelingt es der Besatzung, den
Sturm der Burg zu verhindern. General Götz zieht sich nach schweren
Verlusten nach Zennern zurück.
Die Burganlage war mit etwa 3.000 Flüchtlingen aus der Stadt
überfüllt, in diesem Gewimmel mag es geschehen sein, dass eine der
Flüchtlingsfrauen in den Burgbrunnen fiel und so zerschmettert wurde,
dass sie nicht geborgen werden konnte. Das vergiftete Wasser wurde
ungenießbar, heimlich musste im Schutz der Nacht Wasser aus dem
unterhalb des Berges gelegenen Hausbrunnen geholt werden. Die Truppen
General Götz' erfuhren von diesem Schicksal, kehrten zurück, vergifteten
auch den Hausbrunnen mit Tierkadavern und das Schicksal der Burg war
besiegelt. Viele Flüchtlinge und Besatzungsmitglieder tranken in ihrer
Not vom vergifteten Brunnenwasser und erkrankten tödlich
(Schlossesborn-Krankheit). Die Burg musste übergeben werden. Es entstand
die Sage von der weißen Frau.
(Siehe auch: Homberg im
Dreißigjährigen Krieg)

Während die Burgkompanie unter Oberst Engelhard Breul freien Abzug
erhält, müssen die Flüchtlinge aus der Stadt in der von Leichengeruch
verpesteten Burg bleiben, bis die erpresste Kriegssteuer von 10.000
Talern garantiert ist. Götz zieht mit seinen Truppen weiter, auf der
Burg bleibt Obrist Hugo Tirelle mit einem irischen Regiment. Aber sie
halten es nur vier Monate auf der zerstörten Burg aus, dann zünden sie
Burg und Stadt an und ziehen schlimmste Verwüstung und Not hinterlassend
weiter. !647 werden die Trümmer der Burg durch General Melander Graf von
Holzapfel besetzt, Bauern und Bürger werden zu Instandsetzungsarbeiten
gezwungen. Am Ende des Krieges kommandiert Obristleutnant Gerard die
Burg. Während über den Westfälischen Frieden verhandelt wird, gelingt es
dem hessischen Generalmajor Rabenhaupt 1648 die Burg nach heftigen,
vierzehntägigen Kämpfen zu befreien. Es ist eine der letzten Schlachten
des Dreißigjährigen Krieges, die sogar bei den Friedensverhandlungen
Beachtung findet. Die Burg ist nur noch ein Trümmerfeld.
Nach
der Rückeroberung 1648 wurde die stark zerstörte Burg nicht wieder
aufgebaut, der Burgbrunnen wurde 1657 endgültig verfüllt. Danach war die
Burg nur noch ein Steinlager für Bauarbeiten in der Stadt, sie verfiel,
Büsche und Bäume eroberten den Basaltkegel zurück, die Burg verschwindet
aus dem Bewusstsein der Stadt. Sie verschwand allerdings nicht aus dem
Unterbewusstsein, aus dem sie in einer Zeit, als die Rückbesinnung auf
mittelalterliche Kampftugenden in die schlimmste Barbarei der deutschen
Geschichte führte, wieder aufstieg.
1936 wird die Burgberggemeinde gegründet. Die Ausgrabung der
Burgreste beginnt und Teile der Burgmauern werden wieder aufgebaut.
Heimatgeschichte findet im ideologischen Schatten des
Nationalsozialismus statt. Schon 1937 gibt es im Zusammenhang mit der
Freilegung der Burgreste Pläne, auf dem Berg einen neuen Turm, gekrönt
mit dem Eisernen Kreuz, als Gedenkstätte für die Toten des ersten
Weltkrieges zu errichten. 1943 wird von einer Gedächtnishalle für die
gefallenen Krieger gesprochen - ein neuer Weltkrieg ist hinzugekommen
und die Burg sollte im Mittelpunkt der heroischen Kriegsverherrlichung
stehen.
Die
Gedächtnishalle konnte der damalige Planer und Parteigenosse Textor
nicht verwirklichen - den Turm auf dem Burgplateau hat er nach dem Krieg
durchgesetzt. 1958 wurde der Aussichtsturm fertiggestellt, wobei
allerdings auch Fundamente und Keller der alten Burg zerstört wurden.
Heute, wo die Denkmalpflege selbst das Graben nach den alten Resten
untersagt, wäre das nicht mehr möglich. Der Burgberg mit seinem
unhistorischen Turm ist ein Wahrzeichen der Stadt und ein Ausflugsziel,
dass einen hervorragenden Rundblick über die nordhessische Landschaft
erlaubt.
Heute kümmert sich die Burgberggemeinde engagiert um die Erhaltung
der Burgreste und die Erforschung der Burggeschichte. Wichtigstes
Projekt war die Freilegung des Burgbrunnens von 1997 - 2001.
Außerdem findet in dieser einmaligen Anlage seit 1981 das
Burgbergfestival - das Rockfestival im Homberg (Efze) - statt.
Quellen: Dr. Fritz Luckhard, Homberg von den
Anfängen bis 1648, Homberg 1984
50 Jahre Burgberggemeinde Homberg, Festschrift 1986
Die Hohenburg - Grundriss und Rekonstruktionszeichnung
Aussagen über das Aussehen der Hohenburg vor ihrer Zerstörung
infolge des Dreißigjährigen Krieges sind schwer, exakte
Darstellungen aus dieser Zeit liegen nicht vor. Erhalten sind die
Stiche von Dilich und Merian sowie Grundrisszeichnungen von Wilhelm
Dilich aus dem Jahr 1613.
Die Aufteilung des Geländes lässt sich natürlich auch aus den
noch vorhandenen Mauerresten und den Fundamenten der Gebäude
rekonstruieren. In den achtziger Jahren hat die Burgberggemeinde
einige Grabungen auf dem Gelände durchgeführt, um weitere Erkenntnis
über die Burg und ihre Geschichte zu erhalten. Gefunden wurden
Mauerreste, die Lage des Treppenturms am Palasgebäude konnte
verifiziert werden, auch an der Südmauer fanden sich Mauerreste, die
auf einen kleinen Turm in diesem Bereich schließen lassen.

Der heutige Turm in der Mitte des Platzes ist natürlich ohne
jeden historischen Bezug als Aussichtsturm errichtet worden und hat
mit der ursprünglichen Burganlage nichts zu tun. Der Homberger
Architekt Wolfgang Ried hat 1982 versucht, anhand der
Grundrisszeichnung von Dilich, der Darstellung der Burg auf den
beiden zeitgenössischen Stichen und der im Mittelalter üblichen
Bauweise ähnlicher Burgen, eine Rekonstruktionszeichnung
anzufertigen, die das vermutliche aussehen der Hohenburg wiedergibt.
Die Vorburg ist hier noch nicht erhalten, sie wurde erst im Zuge des
Dreißigjährigen Krieges als Bastion zur Verstärkung der Burganlage
erbaut.
Rekonstruktionszeichnung, Wolfgang Ried 1982
(aus: 50 Jahre Burgberggemeinde, Festschrift 1986)
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